Auf dieser Kuhbleek bleib ich nicht

Leseprobe aus

„Auf dieser Kuhbleek bleib ich nicht“

von Ursula Muhr

                    

Der Müllermeister kaufte zuerst eine Mühle in Nordböhmen, ein abgelegenes Holzhaus in der Nähe von Albertsthal. Eine Blockhütte wie im Wilden Westen, ein Foto aus dem alten Album beweist das. Als meine Oma diese Hütte sah, die kleine Tochter an der Hand, stelle ich mir vor, sagte sie: Auf dieser Kuhbleek bleib ich nicht. Kuhbleek, das heißt so viel wie Kaff. Elendes Kaff. Und eigentlich war es nicht einmal das, sondern eine Einöde.

Was mochte der frischgebackene Müllermeister da gedacht haben? Ihm war die einsame Mühle ja wohl gut genug erschienen, sonst hätte er sie nicht gekauft und seine Frau und sein Kind dorthin gebracht. Aber meine Oma setzte sich durch, sie blieben tatsächlich nicht lange. Der Sohn wurde geboren und wenig später die Mühle verkauft. Stattdessen erwarb der Müller eine andere in der Nähe von Kaaden. Ein großes, aus Sandstein gebautes Wohnhaus am Bach abseits des Dorfes. Auf den frühen Bildern ragt es mächtig über die jungen Bäume hinaus. Am Hang die Stallungen, dahinter ein Kirschgarten.

Meine Oma wollte auch in dieser Mühle nicht bleiben. Der Müller hatte nur die eine ‚Kuhbleek‘ mit einer anderen ausgetauscht. Wieder fragte ich mich, warum sie sich das gefallen ließ. Und warum dieser Mann zweimal den gleichen Fehler machte. Ich war der Meinung, nach dem ersten Fehlschlag hätte er sich beim zweiten Mühlenkauf mit seiner Frau absprechen können, anstatt sie wieder auf eine ‚Kuhbleek‘ zu entführen und sich dann mit ihrer Wut und ihrer Ablehnung herumzuschlagen. 

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